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Ist es schon wieder soweit – macht Arbeit wieder frei?

Warum sollte man nicht Altbewährtes wieder zu neuen Höhen bringen? Das dachte sich wohl auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen beim Entwickeln ihrer jüngsten Idee.

Anstatt wie bisher nur die Arbeitslosenzahlen zu schönen, hat sie nun die „Bürgerarbeit“ erfunden. Dabei sollen Langzeitarbeitslose zu gemeinnütziger Arbeit gezwungen werden.

Doch die Idee ist gar nicht so neu, wie sich bei näherem Hinschauen zeigt. Allerdings macht sich dabei Erschrecken breit.

Was hat Zensursula denn nun wieder Schönes ausgeheckt, mit dem sie die Medientrommeln rührt? n-tv.de berichtete am 09.07.2010:

Mit dem Programm „Bürgerarbeit“ will die Bundesregierung Langzeitarbeitslose in Zukunft intensiver fördern. Die Arbeitslosen sollen Arbeiten ausführen, die dem öffentlichen Interesse dienen.

Und wie soll das angebliche Wunderprogramm konkret funktionieren?

Die Jobcenter wählen ab dem 15. Juli bundesweit zunächst 160.000 Langzeitarbeitslose für eine sechsmonatige „Aktivierungsphase“ aus, um sie gezielt in den Arbeitsmarkt zu vermitteln. […] Wer dagegen nach sechs Monaten übrigbleibt, soll zur Bürgerarbeit verpflichtet werden.

34.000 solcher neuen „Stellen“ sollen dabei ab Januar 2011 entstehen. Wer diese Bürgerarbeit ablehnt, wird nach denselben Regeln behandelt wie andere Langzeitarbeitslose, nämlich mittels Bestrafung in Form von Leistungsminderung bei Hartz4. Dagegen erhält 900 € monatlich, wer sich 30 Stunden pro Woche für die Allgemeinheit „freiwillig“ im Bürgerdienst einsetzt.

Verschiedene Kritiker geben zu bedenken, dass dieses Modell möglicherweise „reguläre Jobs verdrängen“ könnte. Sicherlich werden der arbeitssuchenden Bevölkerung hierdurch unzählige hochwertige Arbeitsplätze weggeschnappt, sieht von der Leyen für den Bürgerdienst doch so gefragte Posten vor wie „ältere und behinderte Menschen betreuen, Sportangebote für Jugendliche leiten oder Laub aufsammeln“.

Besonders letzteres wird wohl im kommenden Januar zu gewissen Diskussionen im Arbeitsministerium führen, weil dann vermutlich das meiste Laub von Schnee bedeckt sein dürfte und diese Bürgerarbeiter mangels Laubfall bis zum Herbst doch wieder nur dumm rumstehen werden. Aber Ursula von der Leyen wird schon etwas einfallen bis dahin – vielleicht Schneeschippen?

Im Spiegel wurden am 09.07.2010 die Grünen, auch sozialistische Gutmenschen genannt, folgendermaßen wiedergegeben:

Die Grünen befürchten dagegen, die Maßnahme solle unwillige Programmteilnehmer durch Sanktionen aus dem Arbeitslosengeld-II-Bezug drängen. […] Die Linke wirft von der Leyen vor, Arbeitslose zu erpressen. Ein Erwerbsloser müsse gegen seinen Willen in „jedweder Tätigkeit (…) für seine bloße Existenz schuften“.

Über das Für und Wider solcher Zwänge kann man beliebig streiten. Natürlich wird sich keiner ein Bein rausreißen, wenn er auch ohne Arbeit dieselben finanziellen Leistungen erhält wie durch eine ausbeuterische Niedriglohnstelle. Doch mit diesem „Programm“ wird genau das Problem, ob sich Arbeit überhaupt lohnt, nicht gelöst.

Viel bedeutsamer ist allerdings, welche Erinnerungen die Bürgerarbeit in uns weckt oder wecken würde, wenn wir die Geschichte besser kennen würden. Wir lesen in Lügipedia:

Innerhalb des nationalsozialistischen Systems erfüllte der Reichsarbeitsdienst mehrere Aufgaben. Den offiziellen Zweck gab §1 des Gesetzes über den Reichsarbeitsdienst wieder:

„Der Reichsarbeitsdienst ist Ehrendienst am deutschen Volke. Alle jungen Deutschen beiderlei Geschlechts sind verpflichtet, ihrem Volke im Reichsarbeitsdienst zu dienen. Der Reichsarbeitsdienst soll die deutsche Jugend im Geiste des Nationalsozialismus zur Volksgemeinschaft und zur wahren Arbeitsauffassung, vor allem zur gebührenden Achtung der Handarbeit erziehen. Der Reichsarbeitsdienst ist zur Durchführung gemeinnütziger Arbeiten bestimmt.“
– Reichsarbeitsdienstgesetz vom 26. Juni 1935

Danach war der RAD Teil des nationalsozialistischen Erziehungssystems. Die Ableistung der Arbeitsdienstpflicht war Voraussetzung für die Zulassung zum Hochschulstudium. Studienbewerber, die aus gesundheitlichen Gründen als nicht arbeitsdiensttauglich gemustert worden waren, mussten einen „Studentischen Ausgleichsdienst“ ableisten, der organisatorisch bei der Reichsstudentenführung angesiedelt war.

Ein Nebeneffekt war, dass zuvor arbeitslose RAD-Angehörige nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik erfasst wurden.

Besonders der letzte Punkt dürfte von der Leyen interesseieren, kann sie doch auf diese Weise die Arbeitslosenzahlen geschickt nach unten korrigieren.

Welche Arbeiten sah denn der „ehrenvolle Reichsarbeitsdienst“ in der Nazizeit vor? „Forst- und Kultivierungs- sowie Deichbau- oder Entwässerungsaufgaben und Tätigkeiten in der Landwirtschaft.“ Das Deusche Historische Museum in Berlin schreibt dazu:

Seit 1935 war im NS-Regime der halbjährige Arbeitsdienst für männliche Jugendliche zwischen 18 und 25 Jahren obligatorisch, für weibliche freiwillig. Unter dem Motto „Mit Spaten und Ähre“ zogen diese Arbeitskolonnen durch Deutschland, die – meist tatsächlich nur mit Spaten ausgerüstet – Moore trockenlegten, neues Ackerland kultivierten oder beim Bau der Reichsautobahnen und des Westwalls mitwirkten.

Der Reichsarbeitsdienst (RAD), der dem Reichsinnenministerium angegliedert war und an dessen Spitze Reichsarbeitsführer Konstantin Hierl (1875-1955) stand, diente ursprünglich der Bewältigung der Arbeitslosigkeit. Die kaum über dem Arbeitslosengeld liegende Bezahlung des Diensts machte deutlich, daß es sich bei diesen Einsätzen im wesentlichen um einen – wie es offiziell hieß – „Ehrendienst am deutschen Volke“ handelte.

Der Arbeitsdienst und das Leben im Arbeitslager mit militärischer Ausbildung waren „nationalsozialistische Erziehungsarbeit“, die im Sinne der Volksgemeinschaft Standesunterschiede beseitigen und die Gesinnung fördern sollten. Die RAD-Gesamtstärke betrug 1935 rund 200.000, bis Oktober 1939 wurde sie auf 350.000 Personen erhöht.

Erstaunlich die Parallelen:

  • Zwang unter Androhung von Reduzierung der staatlichen Mindestversorgung
  • Entlohnung ähnlich „hoch“ wie für Arbeitslose
  • Ziele sind die Bewältigung der Arbeitslosigkeit und die
  • Manipulation der Arbeitslosenstatistik

Was sagt die Arbeitsagentur dazu? In den „Leitlinien für einen wirkungsvollen Instrumenteneinsatz im SGB II“ vom 21.06.2010 steht:

Auch hier gilt, dass immer dann, wenn die formulierten Fragen insgesamt bejaht werden, ein erweiterter Einsatz Aktiver Förderleistungen im Rahmen des verfügbaren Budgetrahmens gerechtfertigt ist. Dieser Förder-Check ist auch geeignet, die 4. Phase des Konzepts Bürgerarbeit zu unterstützen, in der es darum geht, für die genannten Zielgruppe eine Teilhabe an der Arbeitsgesellschaft über öffentlich geförderte Beschäftigung zu realisieren.

Schön formuliert. Besonders die Bezeichnung „Kunden“ anstatt Bürger in diesem behaupteterweise behördlichen Dokument ist bemerkenswert, aber nicht weiter verwunderlich in Anbetracht der „Staatsform“ der BRD.

Entweder, die Politik weiß wirklich keine bessere Lösung, als zu solchen geschichtlich stark belasteten Maßnahmen zu greifen oder aber diese Leute sind so skrupel- und respektlos, dass ihnen dies völlig egal zu sein scheint.

Am Ende kommt sicher die Rechtfertigung, dass all das sozial ist, was Arbeit schafft. Nun, die Nationalsozialisten hatten auch das Wort „sozial“ in ihrem Namen, aber wie wir wissen, war es dann doch nicht alles Gold, was glänzte – heute glänzt dagegen nichts mehr, schon gar nicht die sogenannte Regierung.

Übrigens ist auch hier wieder interessant zu sehen, woher dieses Zitat stammt:

Sozial ist, wer Arbeit schafft. Haben Sie gedacht, dass mit diesem populären und allseits verkündeten Spruch neues Denken und Modernität bei deutschen Eliten Einzug gehalten hat? Dem ist nicht so. Denn die Propaganda „Sozial ist, wer Arbeit schafft“, ist ein alter Hut. Sie stammt vom unseligen Alfred Hugenberg, der im Auftrag und mit dem Geld der Schwerindustrie einen Medienkonzern gegründet hat, „dessen publizistische Organe Hugenbergs national-konservative bis reaktionär-antirepublikanische Auffassungen formulierten und ihm großen Einfluss auf die öffentliche Meinung sicherten.“ (Brockhaus-CD, 2002).

Alfred Hugenberg und Adolf Hitler haben zusammen mit anderen die sogenannte Harzburger Front gebildet, die sich den bedingungslosen Kampf gegen die Weimarer Republik auf die Fahnen geschrieben hat.

Wurden wir nicht schon immer davor gewarnt, dass sich unsere Geschichte niemals mehr wiederholen darf? Nun, das Band wurde längst zurückgespult und hat bereits wieder angefangen, neu abzuspielen. Warten wir ab, welche „Befreiungsschläge“ aus der Politik noch so auf uns warten in der nächsten Zeit. Garantiert keine guten.

30 Replies to “Ist es schon wieder soweit – macht Arbeit wieder frei?”

  1. Wenn man diesen Bericht so liest könnte man durchaus zu dem Schluss kommen, das die jetztige Politik in diese Richtung schwenkt, wobei die Herren und Damen Politiker ja immer davon sprechen, das diese schlimme Zeit sich auf keinem Fall mehr wiederholen dürfe.
    Wenn ich natürlich sehe was seit längerem in Deutschland so abgeht, das man auf der einen Seite auch seit langem über Geburtenrückgänge klagt und auf der anderen Seite die Menschen die eh schon wenig zum Leben haben, aus welchen Gründen auch immer, das ist wiederum ein ganz anderes füllendes Thema, jetzt anscheinend nochmal bestrafen will in dem man ihnen die bisher gezahlten Kinderzuschläge ganz oder teilweise streichen möchte, das kann es wirklich nicht sein.
    Einen Mindestlohn wie sie am diskutieren sind, damit das Arbeiten gehen, wieder interessant ist, das wäre eine gute Sache.
    Man wird sehen ob sich hoffentlich in diese Richtung was bewegt, ansonsten müsste man wirklch bald sagen armseliges Deutschland.

    Grüsse Wölfle

  2. – also auch hier sehe ich – wenn mal eine Idee – gegen die Hartz Schmarotzer geplant wird , dann scheut man auch nicht vor KZ zurück !

    – sehr bedenklich –

    -es kann doch nicht sein , daß in unseren Altersheimen , Krankenhäusern etc. eine gravierende, personelle unterbesetzung herrscht
    – für uns Arbeitnehmer u.a. die Krankenkassenbeiträge erhöht werden

    – dabei ein Heer von Langzeitarbeitslosen (Familien ) daheim sitzt und von meinem Steuergeld noch zusätzl. „gefördert “ wird , ohne daß dieselben verpflichtet werden – zu beweisen – daß sie arbeitswillig sind !
    – (angeblich wollen sie alle arbeiten aber finden keine Arbeit )

    – aber seit WESTERWELLE ist es ja schick jeden gleich Mundtot zu machen , wenn er Faulenzer aus dem Sessel treiben will !

    – wie lange wollen wir das noch ( mit unserem Steuergeld ) unterstützen ?

  3. Geschichte wiederholt sich. Das war schon immer so die letzten paar tausend Jahre.

    Die Deutsche Mittelschicht wird jetzt zu dem Level des Deutschen Pöbels herunter gezogen.

    Die Puffs in Deutschland sind zu über 90% dominiert von ausländischen Frauen weil die deutschen Frauen trotz Arbeitslosigkeit noch genug Anstand haben, nicht auf den Strich zu gehen. Alleinstehende Frauen werden vom Staat (die die Gesellschaft vertritt) im Regen stehen gelassen und mit einem Almosen abgefertig.

    Was macht der Deutsche Michel?
    Sitzt dumm herum, meckert aber ändert nichts an den Verhältnissen.
    Abends vor dem TV mit Bier und das war es dann.

    Das ist der Pöbel der sich nie ändern wird und ganz Deutschland herunter zieht.

    Es gibt für den Deutschen Staat keine Finanzkrise solange der Staat nur 2 Billionen Schulden hat, der Deutsche Michel aber 5 Billionen bei Banken und Versicherungen liegen hat.

    Lehnen wir uns zurück, genießen das Leben und warten auf den Zusammenbruch des Systems……

  4. Die Grenze des Zumutbaren war schon immer überschritten.
    In Deutschland steht keiner mehr auf, der einmal am Boden liegt.
    Beamten- Juristen- und Verwaltungsstaat – der Bürger hat keine Rechte.

  5. @ caro1610

    Soll ein Scherz sein, oder???

    Wenn nicht ist es mal wieder interessant zu sehen, daß es so leicht scheint
    Menschen zum Mittel des Zwecks umzuerziehen. Wie zu Hitlers Zeiten.

    An die Volldeppen, die immer noch denken es gibt Jobs da draussen, es gibt keine richtigen Jobs, meistens und fast immer 400 € Jobs.
    Ich weiss es aus Erfahrung nach 2 Jahren Hartz 4. Ich habe so einen 400 € Job jetzt und bin raus aus Hartz 4. Ich bin auch das was man eine Fachkraft nennt, nach der gejammert wird, aber vera… wird und mit faulen Ausreden abgefertigt wurde. Ich bin Mediengestalterin, so heisst das heute, früher war das Reprographin oder Lichtpauserin, habe 17 Jahre Berufserfahrung, 3000 DM brutto verdient, nach der EU Umstellung nur noch 1500€ und habe um keine Abzüge von der Rente zu bekommen auf Kinder verzichtet.

  6. Jetzt bin ich eine Ungelernte ( den Beruf Mediengestalter gab es so mitte 1995 oder sogar noch später) zu alt mit 42 und durch die vielen Jahre in nur einer Branche nicht vermittelbar, wie z.B. für die Produktion ( ordinär Fabrikarbeit). Jetzt bin ich wieder ein Bürger..lol, aber ohne Krankenversicherung, da ich ja auch nicht mehr zu den sogenannten Sozialschmarotzern gehören will.

    Aber ich kann mich gut an die Worte meiner Oma erinnern, die mir erzählte das viele Nazi-Mitläufer vom Mob an den Laternmasten und dem nächsten Baum erhängt wurden.

    Was die nächsten Wahlen angeht. Es gab mal so einen dummen Spruch in den 80zigern: “ Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin.“….hier die andere Fassung aktuell: „Stell die vor es sind Wahlen und keiner geht hin.“

  7. Diese Vergleiche mit dem 3. Reich und KZ´s sind nicht angebracht. Hitler genau das gemacht wozu heutige Politiker zu feige sind. Nämlich der Zins und Bankenknechtschaft ein ende bereitet was unweigerlich zum Krieg führte der Deutschland aufgezwungen wurde. Wer nicht nur auf die Qualitätsfreien Medien setzt wird das auch ganz schnell selbst in Erfahrung bringen können.
    Wer glaubt das seit der Befreiung durch unsere Alliierten Freunde etwas besser wurde der lebt in einer Traumwelt.
    Wir blechen für die ganze Welt und in Deutschland gibt es wieder Hunger.

  8. Schaut Euch doch mal an für WEN Deutschland alles bezahlt:

    http://sklaven-ohne-ketten.blogspot.com/2009/03/die-deutsche-ursache-der-weltweiten.html

    Die WIRKLICH Schuldigen sind zur Verantwortung zu ziehen, aber die hauen vorher ab wie unser ehemaliger „Grüsshorst“:

    http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/michael-grandt/horst-koehlers-verrat-.html

    Wir lassen uns belügen und betrügen und gegeneinander „ausspielen“:

    http://klarblick.blogspot.com/2010/05/wahrheit-uber-die-brd-schuldenlast.html

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