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Jeder nur ein Kreuz – aber bitte selbst aufstellen

Hat man sowas schon gesehen? Wir sollen nicht nur die totale Kontrolle erdulden, sondern wir sollen die Arbeit dafür auch noch selbst erledigen?

Als müsste man sein eigenes Kreuz aufstellen, was für eine perverse Vorstellung.

Doch scheinbar wurde diese Verordnung der Bundesregierung genauso beiläufig abgeschustert wie die EU-Verfassung. Das Volk möge doch bitte nicht mit wichtigen Fragen belästigt werden.

Wieder einmal aus heiterem Himmel fällt der Segen auf uns herab: Die nächste Stufe zum Polizeistaat ist beschlossen:

Nationalbibliothek will das deutsche Internet kopieren.

Was soll das werden? Eine Art Offlinekopie des deutschen Internets? Mit welchem Hintergrund? Archivierung von Wissen?

Wer’s glaubt. Es geht doch wieder einmal darum, die nächst höhere Kontrolletti-Stufe einzuschalten. Denn welchen Sinn sollte ein solches Vorgehen laut der Verordnung über die Pflichtablieferung von Medienwerken haben?

§7 Beschaffenheit von Netzpublikationen und Umfang der Ablieferungspflicht

(1) Unkörperliche Medienwerke (Netzpublikationen) sind in marktüblicher Ausführung und in mit marktüblichen Hilfsmitteln benutzbarem Zustand abzuliefern. Eine Pflicht zur Ablieferung besteht nicht, wenn die Ablieferungspflichtigen im Rahmen des § 16 Satz 2 des Gesetzes über die Deutsche Nationalbibliothek mit der Bibliothek vereinbaren, die Netzpublikationen zur elektronischen Abholung bereitzustellen. Für die Ablieferung von Netzpublikationen gilt § 2 Abs. 3 entsprechend; für die Bereitstellung zur elektronischen Abholung gilt § 2 Abs. 3 Satz 1 entsprechend.

(2) Die Ablieferungspflicht umfasst auch alle Elemente, Software und Werkzeuge, die in physischer oder in elektronischer Form erkennbar zu den ablieferungspflichtigen Netzpublikationen gehören, auch wenn sie für sich allein nicht der Ablieferungspflicht unterliegen. Dies gilt insbesondere für nicht marktübliche Hilfsmittel, die eine Bereitstellung und Benutzung der Netzpublikationen erst ermöglichen und bei den Ablieferungspflichtigen erschienen sind. Sie sind zusammen mit den Netzpublikationen abzuliefern oder zur elektronischen Abholung bereitzustellen.

Worum geht es wirklich? Es ist mit Sicherheit keine einfache Idee, Wissen zu archivieren, denn warum sonst steht die Missachtung dieser Regel unter Strafe:

Da es sich um eine Pflichtabgabe handelt, ist sie, zumindest theoretisch, auch strafbewehrt. Nach einer Abmahnung kann es heise.de zufolge bis zu 10.000 Euro Strafe kosten, wenn man seine Netz-Inhalte nicht bei der DNB abliefert.

Also, das kann noch lustig werden. Soll ich den Behörden auch gleich Herztropfen mitschicken, wenn ich meine sinnreichen Blogbeiträge dort einreichen muss? Soll ich meine Handschellen auch gleich selbst besorgen?

Mich wundert auf der anderen Seite, dass man dieses Überwachungsproblem nicht automatisiert löst. Wozu gibt es den Bundestrojaner? Eigentlich müsste unser paranoider Innenminister doch sowieso schon aus Terrorschutzgründen jede kritische Website archiviert vorliegen haben.

Oder haperts mit der Technik? Muss man für den Lauschangriff auf Antrag sein Telefon ans Innenministerium schicken, damit dort eine Wanze eingebaut wird? Schwachmaten in Panik und Angst sitzen da in Berlin, unglaublich.

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