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Der große Bruder bekommt Flügel – werden sie gleich wieder gestutzt?

Die EU forscht nach neuen „Sicherheitsprogrammen“, um eine lückenlose Überwachungsdiktatur aufzubauen und die Polizei setzt auf fliegende Kameras.

Zeitgleich prüft das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung und Dr. Wachsams Nachfolger trifft sich mit seinen früheren Feinden. Verkehrte Welt?

In Telepolis wurde am 13.01.2010 über eine weitere Maßnahme gegen „Bedrohungen“ oder „auffälliges Verhalten“ – was auch immer das sein soll – berichtet:

Ein neues Dokument der INDECT-Macher umreißt auch die Ziele des „Work Package 2“, das ein mobiles städtisches Überwachungssystem („Mobile Urban Observation System“) bereitstellen soll, für das auch fliegende Kameras zum Einsatz kommen. Diese mit Lithium-Polymer-Batterien betriebenen „unbemannten Luftfahrzeuge“ („Unmanned Air Vehicles“, kurz: UAV oder „Drohnen“) sollen im Rahmen des Forschungsprojekts in die Lage versetzt werden, bewegliche Objekte sowohl zu identifizieren als auch im städtischen Raum „durch die Straßen“ zu verfolgen:

Diese fliegenden Augen können auch noch mit GPS bestückt werden, sodass sie selbstständig festgelegte Routen fliegen können. INDECT sieht in einer zweiten Phase zusätzlich vor, diese Minihubschrauber intelligent miteinander als Schwarm zu vernetzen, sodass sich damit automatisiert Aufgaben zur Überwachung abbilden lassen.

Fehlt nur noch, dass diese Geräte in Miniaturgröße als künstliche Insekten herumschwirren. Und Tatsache, es gibt bereits Forschungsprojekte, natürlich militärischer Art, die Flugroboter auf Libellengröße zu schrumpfen. Völlig verrückt.

Da fragt man sich doch, wer soll denn damit überwacht werden? Jeder auf Verdacht? Sicher, jeder könnte ein potenzieller Terrorist sein, selbst Laptopbesitzer werden wohl demnächst auf Flughäfen pauschal als Attentäter betrachtet werden, da nach dem seltsamen Vorfall am Münchner Flughafen bestimmt weitere Konsequenzen in der Art von strengeren Kontrollen gefordert werden.

DiePresse sprach am 20.01.2010 von einem Bombenalarm:

Ein Bombenalarm hat am Mittwoch am Münchner Flughafen für eine stundenlange Sperrung des Sicherheitsbereichs gesorgt und zu erheblichen Störungen im Flugverkehr geführt. […] Ein verdächtiger Laptop hatte am Nachmittag bei der Handgepäckkontrolle Alarm ausgelöst, dennoch war der Besitzer weitergegangen und verschwunden. Der Sicherheitsbereich wurde abgesperrt und mehr als hundert Flüge verspäteten sich oder wurden annulliert. Zwischenzeitlich waren 180 Polizisten und Sicherheitsbeamte im Einsatz.

Wer kommt jetzt für den entstandenen finanziellen Schaden auf? Gibt es bald die nächste Flughafengebühr? Die Überwachung wird inzwischen schon separat jedem Fluggast aufgebrummt, als „Sicherheitsentgelt“. Also fehlt noch eine „Fehlalarmgebühr“.

Hier im Absatz steht, dass der Besitzer des mutmaßlichen Sprengstoff-Laptops weitergegangen und verschwunden ist. In der Einleitung zum Artikel ist von „geflüchtet“ die Rede. Das klingt nach wilder Schießerei und soll wohl die Dramatik des Artikels erhöhen.

Aber was soll dieser Unsinn? Sind jetzt wirklich alle völlig durchgeknallt? Selbst wenn es wirklich echte Al Qaida Terroristen gäbe, wären die so bescheuert und würden mit Sprengstoff gefüllte Laptops durch eine Handgepäckkontrolle schleusen? Für wie dumm hält man uns? Oder merken die normalen und tief schlafenden Bürger gar nicht, dass man sie wie Idioten behandelt?

Die merken das nicht, schon lange nicht mehr. Ihr gesunder Menschenverstand ist eingeschläfert worden. Durchaus mit Absicht, denn wenn unser sogenanntes „Bundesverfassungsgericht“ – in einer Republik ohne Verfassung – demnächst entscheiden könnte, dass die Vorratsdatenspeicherung doch legal ist, dann muss die Bevölkerung dafür auch das passende Verständnis besitzen. Und das erhält man am besten aus einer konkreten angeblichen Bedrohungslage.

Ein Gericht, also ein echtes unabhängiges Gericht, sollte sich zwar nicht von der Anzahl an Klagen beinflussen lassen, aber die über 34.000 Kläger gegen die Speicherpflicht für Telefon- und Internetverbindungsdaten dürften den ersten Senat unter Vorsitz des Gerichtspräsidenten Hans-Jürgen Papier am „Bundesverfassungsgericht“ in Karlsruhe durchaus nachdenklich machen. Beeinflussung ist ausnahmsweise erwünscht.

Parallel geschehen in Berlin seltsame Dinge. Der noch neue Nachfolger vom ehemaligen Überwachungs- und Null-Toleranz-Minister Dr. Wachsam mit dem schlechten Zahlengedächtnis, Innenminister Thomas De Maizière, traf sich am 18.01.2010 mit den erbitterten Gegnern seines Vorgängers. Im Spiegel stand dazu am 19.01.2010:

Patrick Breyer vom AK Vorratsdatenspeicherung lobte: „Der Minister hat verstanden, dass sich das Vertrauen der Netzgemeinde nur durch ihre frühzeitige Einbindung in Überlegungen der Politik und durch tatsächliches Aufgreifen unserer inhaltlichen Forderungen gewinnen lässt.“

Naja, ob De Maizière wirklich ehrlich verstanden hat, ist hier die Frage. Will er vielleicht einfach nur gut Wetter machen, um die unweigerlich weiter gehende Drangsalierung der Bürger besser rechtfertigen zu können? Es klingt zumindest so, dass der Minister das Sammeln von Daten nicht als Problem empfindet. Also eigentlich kein Sinneswandel. Der Spiegel dazu weiter:

Einen fundamentalen Gegensatz zwischen Innenminister und Netzpolitik-Aktivisten gibt es aber: Datensammlungen halte er nicht per se für problematisch, sagte de Maizière. Er begründete diese Position juristisch: „Das Grundrechtsproblem entsteht nicht durch die Sammlung, sondern durch den Zugriff.“

Jetzt fragt sich nur noch, wo hört „Sammeln“ auf und wo beginnt „Zugriff“? Der Artikel klingt zunächst mutmachend, aber wenn man genau auf diese Details achtet, dann scheint De Maizière möglicherweise einfach nur zu beabsichtigen, die Gegner durch Dialog und evtl. klitzekleine Zugeständnisse auf seine Seite bringen zu wollen.

Immerhin ist es nämlich für die sogenannten „Gegner“ sicherlich eine Ehre, so von der Politik wahrgenommen zu werden. Sie werden dadurch ein Stückchen weit unbewusst gekauft. Oder glauben Sie ernsthaft, ein Minister, der in absehbarer Zeit fürchterliche Probleme in Form von Massenunruhen in der Bevölkerung zu erwarten hat, lässt sich auf mehr Freiheiten für die Bürger ein? Glauben Sie das wirklich? Sie glauben dann sicher auch an eine Klimaerwärmung durch CO2, richtig?

Natürlich darf man nicht alles nur negativ sehen. Jedoch rein logisch betrachtet, warum sollte der ebenfalls der CDU angehörende De Maizière plötzlich eine volle Kehrtwende machen und seinem Vorgänger und der Partei in den Rücken fallen? Entweder er ist tatsächlich so ehrenhaft, dann wird er den Posten aber nicht lange innehaben, oder es ist ein hinterhältiger Plan, der nun auf eine andere Art und Weise dasselbe Ziel erreichen soll, was zuvor offensiv verfolgt wurde.

Schlussendlich machen die in Berlin sowieso, was sie sollen. Im Mai kommt der neue Bilderberg-Befehl und dann wendet sich bestimmt noch so manches Blatt. Man darf die BRD-Politik auch nicht allzu ernst nehmen, es ist schließlich nur ein Marionettentheater, wenngleich ein ziemlich teures.

14 Replies to “Der große Bruder bekommt Flügel – werden sie gleich wieder gestutzt?”

  1. @werden sie gleich wieder gestutzt?
    Dann lassen Sie sich einmal von Hr. Jean-Claude Juncker die Demokratie erklären:

    „Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, ob was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.”

    Dann sieht das Flügelstutzen ganz anders aus !
    mfg zdago

  2. Und am Flughafen war es nur ein „Parfüm“ oder so etwas – niedrigste Sprengstoffwarnstufe – und der Besitzer des Koffers war seelenruhig in nem Shop was einkaufen.

    Aber weil wir jetzt so einen bescheuerten Alarm hatten gibt es wieder nur eine Richtung: Weitermachen, verschärfen…

    Habe heute(!) an einem Aushang ein Infoblatt über „Maßnahmen zur Eindämmung der Schweinegrippe-Pandemie“ gelesen!? Das haben die wohl vergessen abzunehmen, oder hab ich da irgendwas nicht mitbekommen?

    Ach, welche Pandemiewarnstufe haben wir eigentlich aktuell?Ich tippe mal auf „7“,also die höchste.Wann wird die runtergesetzt?Sobald auf der Welt pro Tag weniger als 1.000 Menschen egal woran sterben?

  3. Überwachung mit libellen ähnlichen Fluggeräten?
    Am Besten Insktenschutzgitter vor die Fenster,damit die Biester nicht in die
    Wohnung kommen können und wenn doch mit einer Fliegenklatschte
    abschiessen.
    Auf so etwas kann man nur mit Sarkasmus reagieren.

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