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Entschuldung per Inflation? Ein gefährlicher Trugschluss

Viele Vorhersagen in Bezug auf eine weiter stark steigende Inflation und einen Währungszusammenbruch beinhalten auch die Warnung vor bestehenden Krediten. Die Kreditsklaverei stellt tatsächlich eine erhebliche Gefahr in der nahen Zukunft dar.

Doch warum sollten Schulden ausgerechnet in einer hochinflationären oder gar in einer Hyperinflation mündenden Krise so gefährlich sein? Ist es nicht vielmehr eine ideale Gelegenheit, sich auf diese Weise seiner Verschuldung bequem zu entledigen, indem auf unseren Geldscheinen immer mehr Nullen angehängt werden?

Vielen denken so und manche stürzen sich jetzt sogar genau deswegen blindlings in hohe Kredite und kaufen Immobilien, ohne sich jedoch konkrete Gedanken über ein derartiges Szenario gemacht zu haben. Der Knackpunkt ist nämlich, dass sich hyperinflationäre Zustände nicht über Nacht einstellen, sondern sich langsam und allmählich hochschaukeln. Diese Entwicklung wird von den meisten leider schlicht übersehen oder ignoriert, sodass sie mit ihren Schulden ins offene Messer laufen.

Was sich in Zeiten von Staatsbankrott, Hyperinflation und schwersten Wirtschaftskrisen tatsächlich abspielt, können wir gut in der Historie betrachten. Ein Musterbeispiel für eine immer schnellere und existenzielle Inflation beschreibt die Zeit von 1921 bis 1923 in Deutschland. Die Bankenkrise in Schweden in den 90ern und auch die argentinische Wirtschaftskrise von 1998 bis 2002, die bis heute noch nicht überwunden wurde, demonstrieren jeweils brutale Details.

Vielfach wird in Beziehung auf diese und ähnliche Krisen damit argumentiert, dass es sich um andere Länder und ganz andere Zeiten handelte. Was in naher Zukunft auf uns wartet, dürfte eine Kombination verschiedener Probleme sein, die es in der Dimension noch nicht gegeben hat. Immerhin ist dieses Mal die gesamte industriealisierte Welt betroffen und einen weltweiten Rettungsanker oder eine Rettungswährung gibt es nicht mehr.

Betrachten wir daher einmal ein paar Stationen auf der Zeitschiene eines fiktiven Beispielfalles. Hans Müller, 39, zweifacher Familienvater und Abteilungsleiter beim Automobilzulieferer Bochs, baute im Jahr 2005 ein schönes Einfamilienhäuschen für 350.000 Euro. An Eigenkapital brachte er 150.000 Euro mit, die restlichen 200.000 Euro finanzierte er für 5% Zinsen mit einer Sollzinsbindung von zehn Jahren bei der örtlichen Bank „Sparviel“.

Familie Müller führt ein unauffälliges, jedoch in ihr soziales Umfeld gut integriertes Leben. Neben zwei modernen Autos leisten sie sich einen größeren Urlaub pro Jahr. Monatlich stehen der Familie 3.500 Euro Nettogehalt zur Verfügung. 1.200 Euro davon gehen direkt an die Bank für Zinsen und Tilgung des Kredits, der voraussichtlich im Jahr 2028 abbezahlt sein wird. Für Strom und Heizung muss Familie Müller pro Monat 250 Euro ausgeben, für Bekleidung durchschnittlich 200 Euro und für Lebensmittel rund 600 Euro. Die Finanzierung der beiden Autos schlägt mit zusammen 500 Euro monatlich zu Buche.

Als 2008 die Finanzkrise beginnt, wird Herr Müller erstmals hellhörig, was seine Vermögenssituation betrifft. Er begreift, dass seine private Altersvorsorge in diversen Fonds und Lebensversicherungen keine gute Investition darstellt und kündigt nach langen Diskussionen mit seinem Anlageberater sämtliche dieser Verträge. Von dem Erlös erwirbt er damals auf Drängen eines Freundes Edelmetalle im Wert von etwa 30.000 Euro. Mittlerweile ist deren Wert bereits auf knapp 50.000 Euro angestiegen.

Dieser Freund, welcher die Finanzkrise sehr intensiv studiert, spricht ihn immer wieder auf seinen hohen Immobilienkredit an. Doch Hans Müller spekuliert darauf, sich mit seinem Edelmetall am Höhepunkt der fortschreitenden Krise bequem auf einen Schlag entschulden zu können, dann nämlich, wenn sein glänzender Schatz etwa das zwanzigfache seines heutigen Wertes erreicht haben wird.

Zunächst wähnt sich Herr Müller auf der richtigen Fährte. Er freut sich über den stetigen Aufwärtstrend bei Gold und Silber und glaubt, einen klugen Weg gewählt zu haben. Allerdings fällt ihm beim wöchentlichen Großeinkauf auf, dass seine Lieblingsbiermarke plötzlich pro Kiste einen Euro teurer wurde. Seine Frau deutet auf die Nudeln und meint, dass dieselbe Packung für jetzt 69 Cent zwei Wochen zuvor noch 49 Cent gekostet hätten.

Da jedoch diese 1,20 € Mehrkosten nun wirklich nicht den Weltuntergang bedeuten, wiegelt Herr Müller zunächst ab. Abends bei den Nachrichten flammt das Thema dann erneut auf, weil nämlich über den steigenden Ölpreis aufgrund der sich weiter ausdehnenden Unruhen berichtet wird. Herrn Müller betrifft das unmittelbar, da er dies durch die täglich 25 km hin und zurück zu seinem Arbeitgeber beim Tanken zu spüren bekommt.

In den folgenden Wochen erhöht sich der Benzinpreis um bereits insgesamt 15 Cent pro Liter und auch auf verschiedene Lebensmittel drücken die dadurch gestiegenen Transportkosten inzwischen durch. Aus den 69 Cent-Nudeln wurden inzwischen 85 Cent und der gern verzehrte Thunfisch kostet gar plötzlich das Doppelte.

Nachdem der örtliche Bäcker sein Badisches Landbrot von 3,25 Euro auf 3,99 Euro verteuert, kauft Herr Müller kurzerhand eine Brotbackmaschine. Da er gleich voll einsteigen will, fährt er zur Mühle und kauft 25 kg Weizen zum Preis von 28 Euro. Von seinem Freund war ihm allerdings ein Preis von 13,50 Euro bekannt, gerade noch vor einem Jahr.

Dann kommt der große Schock. In den Nachrichten wurde zwar schon einige Tage lang beiläufig von einem „unerwarteten Konjunktureinbruch“ gesprochen, doch damit hatte Herr Müller in Zeiten des Aufschwungs nicht gerechnet: Sein Arbeitgeber, die Firma Bochs, teilt allen Angestellten mit, dass aufgrund der Rückkehr der Rezession die Auftragslage sehr schlecht sei und bis auf Weiteres nur noch vier Tage pro Woche gearbeitet würde. Gleichzeitig wolle aber die Regierung die Lohnminderung auffangen, zumindest für ein halbes Jahr.

Wenige Monate später sitzen die Müllers abends am Esstisch und haben ihr erstes Krisengespräch. Es geht um die Reduzierung der Ausgaben, denn die Kosten für Lebensmittel sind inzwischen von 600 Euro auf 950 Euro im Monat gestiegen, Heizung und Strom wurden ebenfalls um 50 Euro teurer und stehen nun bei 300 Euro. Zwar muss im Haushalt noch kein Posten gestrichen werden, aber der kommende Urlaub wird kurzerhand von all-inclusive in der Karibik in eine Autoreise zu den Großeltern umgeplant.

Leider wird die Situation nicht besser. Vier von dreißig Mitarbeitern in Herrn Müllers Abteilung müssen entlassen werden. Noch nie war er so niedergeschlagen, weil er seiner stets sehr motivierten Mannschaft diese Botschaft persönlich überbringen muss.

Die folgenden Wochen bringen immer schlechtere Nachrichten. Nachdem nun Spanien durch den neuen Rettungsschirm von fünf Billionen Euro „gerettet“ wurde, steigt der Goldpreis auf 1.814 Euro. Immerhin haben nun Herrn Müllers Schätze im Tresor einen Wert von gut 80.000 Euro erreicht.

Als sich Herr Müller kurze Zeit später wieder mit seinem Freund trifft und sie sich über die aktuelle Lage austauschen, mahnt ihn der Freund erneut dazu, das Haus doch lieber zu verkaufen und den Kredit zurückzuzahlen. Herr Müller erwidert, dass dafür dann sein gesamter Edelmetallbestand draufginge und er von der zukünftigen Preisexplosion so überhaupt nicht mehr profitieren könne.

Nachdem sich die politischen Unruhen in China inzwischen bis nach Russland ausgeweitet haben, steigt der Ölpreis erneut drastisch an. Die Tankstellen haben längst die „zwei“ vorne stehen und Herr Müller ist halbwegs froh, inzwischen nur noch einen Wagen tanken zu müssen, denn den Zweitwagen für seine Frau hat er nach Ablauf der Finanzierung verkauft. Gut, dass es nur ein gefragter Kleinwagen war, so erhielt er noch einen vernünftigen Preis.

Wenig später sitzt Familie Müller wieder einmal am Küchentisch. Diesesmal sieht es sehr viel ernster aus. Die Lebensmittelkosten betragen inzwischen 1.200 Euro, obwohl die Familie ausschließlich Billigprodukte beim Discounter kauft. Durch den drastisch gestiegenen Gaspreis sind nun auch die Heizkosten regelrecht explodiert und der kalte Winter trieb die monatliche Kostenbelastung durch Gas und Strom auf 450 Euro.

Während Herr Müller in den folgenden Wochen grübelt und grübelt, wie er seine Kosten senken könnte, zieht er auch schweren Herzens in Erwägung, nun doch vorzeitig den Kredit abzulösen. Der Goldpreis steht inzwischen bei 2.239 Euro, doch dies reicht noch lange nicht zur Tilgung. Also beschließt er, in der kommenden Woche mit seiner Frau über den Verkauf des Eigenheimes zu sprechen. Doch es sollte ganz anders kommen.

Noch bevor Herr Müller das Thema am Esstisch auch nur anschneiden kann, erhält er Post. Der Brief ist von der Sparviel-Bank. Darin wird ihm eine Frist von 21 Tagen gewährt, um eine zusätzliche Kreditsicherheit in Höhe von 60.000 Euro zu hinterlegen, ansonsten müsse der Kredit wegen mangelnder Absicherung sofort fälliggestellt werden. Herr Müller reibt sich verwundert die Augen. In dem Schreiben wird sein Haus nach aktueller Lage nur noch auf einen Marktwert von 100.000 Euro geschätzt, die Restschuld beträgt aber noch rund 160.000 Euro. Als Begründung wird ihm kurz und knapp der inzwischen völlig eingebrochene Immobilienmarkt genannt.

Auf einmal wird Herrn Müller bewusst, wie ernst seine Lage ist. Sein Haus zu verkaufen würde ihm vermutlich nur noch 100.000 Euro einbringen. Als er sich dann im Internet nach dem derzeit gültigen Zins zur Umschuldung umsieht, trifft ihn fast der Schlag: 14,2% bei nur fünfjähriger Zinsbindung. Eine längere Zinsfestschreibung kann er in den ganzen Angeboten gar nicht mehr finden. Würde sich unter diesen Umständen überhaupt noch ein Käufer für sein Eigenheim finden lassen?

Und selbst wenn der Verkaufsversuch erfolgreich wäre, die Restschuld würde mehr als die Hälfte seiner Edelmetallrücklagen auffressen. Doch wie soll ein Verkauf binnen 21 Tagen vonstatten gehen? Völlig unmöglich. Er sitzt in der Falle.

Schweren Herzens trennt sich Herr Müller in der folgenden Woche von gut der Hälfte seines Gold und Silbers und bezahlt der Bank den geforderten Betrag. Wohlwissend, dass sein Haus mit jedem weiteren Tag der Krise und weiter steigenden Zinsen bald noch weniger wert sein und die Bank sich dann wahrscheinlich wieder melden würde. Doch was bleibt ihm anderes übrig?

Die nachfolgenden Sitzungen am Esstisch sind geprägt von versteinerten Gesichtern und der Gewissheit, sich im Würgegriff der Bank auf der einen und der sich immer schneller drehenden Preisspirale auf der anderen Seite zu befinden. Hier hilft auch Herrn Müllers Gehaltserhöhung von 600 Euro netto – nach den langen Streiks der Gewerkschaften – nur wenig, denn inzwischen sind die Kosten für Lebensmittel der Familie auf über 1.500 Euro angewachsen und auch der Gas- und Benzinpreis schwingen sich hinauf in immer neue Höhen.

Wie lange wird es wohl noch dauern, bis alleine die Spritkosten für die Fahrt zur Arbeit den Großteil des Einkommens aufzehren werden? Doch ohne Auto ist der Weg kaum zu schaffen, öffentliche Verkehrsmittel sind mittlerweile fast genauso teuer und die Fahrtzeit würde sich mehr als verdoppeln. Wo also noch sparen? Weniger essen? An Strom und Gas sparen die Müllers bereits so sehr, dass die Schwaben neben ihnen wie gnadenlose Verschwender wirken.

Um die Haushaltskasse aufzubessern, versucht Frau Müller schon seit geraumer Zeit, wieder eine Teilzeitstelle zu finden. Aber sie steht mit diesem Wunsch nicht alleine da und erhält nur eine Absage nach der anderen. Der Arbeitsmarkt gibt kaum mehr etwas her.

Ein anderes, zwar noch nicht akutes, aber unabwendbares Problem wartet zusätzlich auf die Müllers: Wie ein Damoklesschwert hängt die kommende Umschuldung über ihren Köpfen, denn in wenigen Jahren läuft der Kredit aus und die Restschuld wird ihnen dann zu den kommenden Zinskonditionen am Kreditmarkt sicherlich den Gnadenstoß verpassen.

Das alles hatte sich Hans Müller wirklich ganz anders vorgestellt. Ein stattliches Vermögen wollte er sich aufbauen durch seine wirklich besonnene Umschichtung von Papiergeld in Werthaltiges. Gleichzeitig beabsichtigte er, im Zuge der von ihm prognostizierten massiven Inflation, sein Haus mit einem Schlag bequem abbezahlen zu können. Dabei hatte ihn sein Freund mehrmals davor gewarnt, den Kredit zu behalten, aber Herr Müller wusste es besser.

Wenn auch Sie noch einen Kredit an der Backe haben, gleichzeitig jedoch die Möglichkeit besteht, diesen loszuwerden, dann tun Sie’s jetzt. Sie können obiges Beispielszenario auch einmal mit Ihren eigenen Zahlen durchrechnen, aber Sie werden schnell merken, dass diese Gleichungen sehr viele Unbekannte haben und eine genaue Prognose schlichtweg unmöglich ist.

Es könnte gutgehen, wenn die Ihrem Kredit entgegenstehenden und nicht durch die Krise gefährdeten Realwerte, wie z.B. Edelmetalle, eine entsprechende Menge betragen. Aber ob Sie wirklich genau den Punkt treffen oder sich stattdessen sämtliche nur denbaren Widrigkeiten multiplizieren, ist nicht vorhersagbar. In gewisser Weise bleibt das ganze ein Spiel mit dem Feuer und hat starke Ähnlichkeit mit Russisch Roulette.

In obiges Beispielszenario gehören eigentlich auch noch diverse Steuererhöhungen für Immobilienbesitzer, sowie fällige größere Reparaturen und viele weitere Faktoren hinein. Es ist damit zu rechnen, dass gerade in schlechten Zeiten die Gemeinden jede Gelegenheit zur Erhöhung ihrer schrumpfenden Einnahmen nutzen werden und insbesondere Immobilien dafür eine gern genutzte Möglichkeit darstellen.

Bitte seien Sie sich außerdem im Klaren darüber, dass die Banken und Kreditgeber nicht dumm sind und natürlich ihr tägliches Geschäft im Auge behalten. Das bedeutet, sollte sich eine hyperinflationäre Entwicklung abzeichnen, werden die Banken entsprechend reagieren, und zwar zeitnah. Bevor also die Schuldner allesamt in die Insolvenz rutschen oder die beliehenen Objekte ihren Wert nahezu vollständig verloren haben, werden die Kreditinstitute alles Notwendige veranlassen, um am Ende nicht in die Röhre zu schauen.

Relativierend muss hierbei berücksichtigt werden, dass eine massenhafte Fälligstellung von Krediten und die darauffolgenden unzähligen Zwangsversteigerungen mit einem noch stärkeren Immobilienpreisverfall, den Banken durchaus größeren Schaden zufügen können, als die faulen Kredite einfach unbereinigt in den Büchern stehen zu lassen. Denn jeder Zahlungsausfall eines größeren Schuldners führt zu Abschreibungen, welche schlussendlich die Bankenstabilität gefährdet.

Sich allerdings auf diese scheinbare Entwarnung zu verlassen und darauf zu hoffen, im Zusammenhang mit seinem Hauskredit mit einem blauen Auge davonzukommen, ist pures Glücksspiel. Wer weiß denn heute schon, welche „Maßnahmen“ sich die Geldinstitute und die Regierung in Zukunft noch einfallen lassen, nur um ihren Fall zu verhindern?

In einem Punkt können Sie nämlich absolut sicher sein: Weder die Banken noch der Staat werden die Probleme lösen, sondern wie immer wird der Bürger für alle Verluste geradestehen müssen. Daher, werden Sie so schnell wie möglich jedes unnötige Risiko los, auch wenn es im ersten Moment noch so schmerzt. Weg mit dem Kredit.

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