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Von der Evolution staatlicher Vögel

Ein richtiger Staat besitzt ein Territorium, ein Staatsvolk und eine Verfassung. Außerdem noch eine Flagge und ein Staatssymbol.

Natürlich müssen all diese Dinge eindeutig sein. Einen Staat mit zwei Territorien gibt es nicht, mehrere Flaggen hat auch kein Staat.

So müsste das dann eigentlich auch bei der BRD sein. Seltsam nur, dass deren Staatssymbol scheinbar beliebig variiert werden kann.

Haben Sie einen roten Reisepass? Nehmen Sie diesen einmal zur Hand und zählen Sie die Federn des Adlers, welcher vorne in Gold eingeprägt ist. Schlagen Sie danach den Pass auf und zählen nun die Federn des Adlers, der innen auf jeder Seite abgebildet ist. Fällt Ihnen etwas auf?

Dasselbe können Sie an Ihrem Personalausweis ausprobieren: Überprüfen Sie den kleinen Adler, welcher auf Ihrem Foto in fluoreszierender Farbe prangt, im Vergleich zum Adler im Hintergrund auf der rechten Seite, unterhalb der Personalausweisnummer.

Warum haben diese Adler bei fast identischem Aussehen einmal sechs und einmal sieben Federn an jedem Flügel?

Der Adler des deutschen Kaiserreichs hatte sieben Federn auf jeder Seite, was sich anhand von alten Münzen nachprüfen lässt. Der Adler außen auf dem Pass der BRD hat jedoch sechs Federn. Sollte das also das heutige offizielle Symbol sein? Wenn ja, warum wird das nicht durchgängig verwendet?

Welcher Adler ist denn nun das offiziell gültige, für die Bundesrepublik Deutschland festgelegte Symbol? Wenn man in Google danach sucht, erhält man zig Varianten. Angeblich soll das offizielle Bundeswappen ein Bild aus dem Jahre 1928 sein, welches ein Tobias Schwab entworfen hat. Interessanterweise steht in Wikipedia nicht „Bundeswappen der BRD“, sondern „Bundeswappen Deutschlands“. Zufall, Haarspalterei oder…?

Übrigens, der Adler auf der Flagge des Bundespräsidenten hat nur fünf Federn. Wer bietet weniger? Nun, wenn Frau Merkel und Co. so weitermachen, dann hat die BRD bald sämtliche Federn gelassen. Dann wird das Grillhähnchen zum Staatswappen – welch makabere Symbolik.

A propos Hähnchen, auch der Adler der BRD-GmbH, der „Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH“ hat nur fünf Federn. Hier müsste dringend das Symbol gegen einen Pleitegeier getauscht werden, denn eine GmbH mit 25.000 € Stammkapital und Schulden von 1,6 Billionen € dürfte eigentlich als insolvent gelten, oder nicht?

Damit hier etwas Licht ins Dunkel kommt, habe ich bei der Bundesdruckerei angerufen. Meine Frage war, warum hat unser Pass einmal einen Adler mit sechs – außen – und einmal einen mit sieben Federn – innen? Die lapidare Antwort war zunächst:

Wir haben hier etliche Sicherheitsmerkmale, wobei davon auszugehen ist, dass dies eines davon ist.

Offenbar hat der Mitarbeiter die Frage gar nicht richtig verstanden. Nachdem ich ihm nochmals ausdrücklich den Unterschied klarmachte und darauf hinwies, dass es ja schließlich ein eindeutiges Symbol sein müsste und das durchgängig, entgegnete mir der junge Mann nun spürbar verunsichert folgendes und fragte anschließend einen Kollegen:

Das wird mit Sicherheit eins von diesen Sicherheitsmerkmalen sein, da geb ich Ihnen Brief und Siegel – kleinen Moment, ich sprech mal mit einem… hm, Sachbearbeiter.

Nach zwei Minuten Wartezeit erhielt ich dann die Auskunft:

Also es ist so, wie ich es Ihnen sagte. Das ist ein Sicherheitsmerkmal, da gibt es nicht nur eine Norm unter den Adlern, sondern es gibt noch mehrere, die Ihnen jetzt mehr oder weniger im Verborgenen sind (lacht).

Sie brauchen sich keine Sorgen machen, das ist auf jeden Fall – so wie es ist – richtig.

Ich musste natürlich nochmals nachhaken und fragte, welches davon denn nun der offizielle „Staatsadler“ sei, der äußere oder der innere. Für andere Staaten müsse doch eindeutig erkennbar sein, welches Symbol nun das verbindliche Staatssymbol sei.

Das kann ich Ihnen… ich geb Ihnen mal die Nummer vom Bundesministerium des Inneren, weil wir, wir drucken zwar, aber bei Rechtsfragen, da geb ich Ihnen mal die Nummer vom BMI.

Mein Anruf beim BMI verlief zunächst so, dass die Mitarbeiterin der Zentrale mich auf deren Website verweisen wollte, wo Fragen und Antworten zum Thema Pass stehen würden. Doch sie fragte mich auch gleich, welche Frage ich denn konkret hätte und sie würde selbst kurz nachschauen.

Auf meine Ausführung hin antwortete sie dann, dass ihr diese Frage wirklich noch nie gestellt worden sei und sie mich daher nun mit der Fachabteilung verbinden müsste.

An diesem Tag war leider kein Mitarbeiter des Passwesens verfügbar, alle Mitarbeiter befanden sich laut der Zentrale in einer hausinternen Veranstaltung. Am nächsten Tag jedoch konnte ich mit einem Mitarbeiter der Fachabteilung sprechen und erhielt folgende schriftliche Antwort auf die Frage, welcher Adler denn nun der „echte“ sei:

Die heraldische Gestaltung des Bundeswappen und des Bundesadlers ist in der Bekanntmachung des Bundespräsidenten betreffend das Bundeswappen und den Bundesadler vom 20. Januar 1950 (BGBl. S. 26) festgelegt.

Danach gibt es zwei Grundtypen des Bundesadlers:

  • den Adler im Wappen mit geschlossenem Gefieder und
  • den Adler ohne Umrahmung, der sich vom Adler im Bundeswappen durch das nach außen gerichtete Gefieder unterscheidet.

Ausdrücklich hat die oben erwähnte Bekanntmachung vom 20. Januar 1950 die künstlerische Ausgestaltung des Adlers für jeden besonderen Zweck vorbehalten.

Damit sollte sichergestellt werden, dass im Einzelfall die künstlerische Freiheit der Ausgestaltung des Bundesadlers nicht eingeengt wird.

Dieser Grundsatz galt bereits in der Weimarer Republik.

So ist zwischen den Fällen, in denen der Bundesadler in Form von Stempel und Siegeln behördlichen Äußerungen oder Erklärungen urkundlichen Wert gibt, und den Fällen, in denen er mehr eine dekorative Aufgabe erfüllt, zu unterscheiden.

Deshalb finden Sie den Adler dort, wo er mehr eine dekorative Aufgabe zu erfüllen hat, auch unterschiedlich gestaltet.

Der auf dem Reisepass befindliche Bundesadler ist aus der Weimarer Zeit. Er wurde als Muster für Zierschmuck mit sechs Schwingen (Gefieder) von Siegmund von Weech, München, entworfen. Sie finden ihn auch im kleinen Bundessiegel.

Dagegen zeigen die einzelnen Seiten des Reisepasses sowie der Personalausweis den Bundesadler mit sieben Schwingen (Gefieder). Dieser Adler ziert auch das große Bundessiegel. Der Entwurf stammt ebenfalls von Siegmund von Weech.

Die Muster des Reisepasses und des vorläufigen Reisepasses sind unter http://www.gesetze-im-internet.de/passv_2007/index.html,
das Muster des Personalausweises unter http://bundesrecht.juris.de/persauswmustv_1986/BJNR010090986.html zu finden.

Die Anfrage bei der „Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH“ brachte eine wortwörtlich identische Antwort bis auf folgenden Nachsatz:

Um aber noch einmal auf das Firmenschild der Finanzagentur des Bundes zurück zu kommen: Als 100-prozentige Tochter des Bundes orientiert sich die Finanzagentur an den gleichen Vorgaben, wie sie auch für andere Institutionen des Bundes gelten. So finden Sie beispielsweise bei allen Bundesministerien einen Bundesadler mit fünf Schwingen.

Irgendwie waren diese Antworten aber nicht zufriedenstellend, weswegen ich Tage später nochmals telefonisch beim BMI nachhakte. Meine Frage bezog sich darauf, ob diese künstlerische Freiheit auch Grenzen habe oder man quasi auch ein Bild vom Pumuckl als BRD-Wappen verwenden könne. Ich wies auch darauf hin, dass es in anderen Pässen dieses Verwirrspiel nicht gebe. Beispielsweise sieht das Wappen vorne auf einem United States-Pass exakt genauso aus wie innen.

Ich wurde jedoch abgewimmelt, weil die Kollegin im Urlaub gewesen wäre und einen Rückstand in der Bearbeitung hätte. Auch ein weiterer Anruf nach zwei Wochen wurde abgeblockt mit der Aussage, ich würde schon Antwort bekommen, wenn die Mitarbeiterin dazu käme.

Inzwischen sind zwei Monate vergangen und ich habe vier schriftliche Nachfragen gestellt, welche definitiv bei einer mir namentlich bekannten Mitarbeiterin ankamen. Jedoch habe ich keine einzige weitere Antwort mehr erhalten. Einmal davon abgesehen dass es eine Unverschämtheit ist, höfliche Bürgeranfragen einfach zu ignorieren, scheint diese Frage wohl der Grund zu sein, warum keine weitere Antwort kommt.

Schon seltsam, denn selbst jedes größere Unternehmen hat doch normalerweise ein verbindliches Corporate Design, was Logo, Schrifttyp, Form und Farben exakt vorschreibt. Dies soll nun bei einem Staat nicht der Fall sein?

Nun, vielleicht ist die BRD ja gar kein Staat, sondern eine Firma oder ein Besatzungskonstrukt – was auch immer. Hier gelten offenbar irgendwelche anderen beliebigen Regeln. Jedenfalls ist es ärmlich, dass eine Behörde sich weigert, eine solche primitive Frage vollständig zu beantworten… denn sie wissen nicht, was sie tun.

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